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Polizei und Justizvollzug

Mit Sicherheit Partner

Seit dem Jahr 2000 findet in der Justizvollzugsanstalt Hannover einmal monatlich eine Veranstaltung statt, die unter der eher drögen Rubrik "dezentrale Fortbildung bei der PD Hannover" geführt wird. Dahinter verbirgt sich ein höchst spannender Weiterbildungstag, der in Hannover Maßstäbe in der Zusammenarbeit von Justizvollzug und Polizei gesetzt hat.
Die Beziehung zwischen diesen beiden Institutionen der inneren Sicherheit waren vordem eher angespannt. Zu unterschiedlich wurden die Aufgaben definiert und bewertet. Nicht laut geäußert, aber manchmal indirekt spürbar, der Vorwurf: "Wir fangen sie ein, Ihr lasst Sie laufen…. "

Dieses sorgfältig gepflegte Vorurteil sollte sich ändern. Neben regelmäßigen Treffen der Behördenleiter sollte es zukünftig auch einen Austausch derjenigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf beiden Seiten geben, die sich im Alltag begegnen und zusammenarbeiten.

"Gehen Sie in das Gefängnis..." - eine Aufforderung, der sonst nur ihre "Kunden" nachkommen, ist mittlerweile für mehr als 1000 Polizeibeamte aus Hannover zu einem festen Bestandteil ihrer Fortbildung geworden. Der Ausflug in eine Welt, die sonst auch fachlich interessierten Besuchern der JVA vorenthalten bleibt, gewährt ihnen Einblicke, die nicht nur ein besseres Verständnis für die unterschiedlichsten Herausforderungen an den Vollzug der Strafe schaffen. Die Polizisten können aus eigener Anschauung nachvollziehen, was alles in der JVA unternommen wird, damit einmalig Verhaftete nicht zu Dauerkunden werden und damit auch der Polizei weniger Arbeit bescheren.

Im Gegenzug bietet die Polizei Hospitationen für Kolleginnen und Kollegen aus der JVA Hannover an. "Hannover bei Nacht im Streifenwagen" ist eine ganz neue Erfahrung, ändert die Perspektiven und ersetzt auch hier Vorurteile durch sachliche Information.

Wie so häufig ist persönliches Engagement ein Erfolgsgarant für diesen zeit- und personalintensiven Dialog. Von Anfang an und mit Herzblut dabei ist Andreas Apenberg von der Polizei und auch seitens der JVA hat die Ansprechpartnerin nur einmal gewechselt. Angela Köcher bereitet derzeit die 62. Veranstaltung vor.

Dazu gehört natürliches das gesamte Spektrum des Vollzuges, angefangen bei Abteilungen mit "ganz normaler" Strafhaft über die Aufnahmeabteilung bis hin zur Sozialtherapie und Sicherheitsabteilung. Für die Polizeibeamten eröffnen sich so ganz neue Betrachtungsweisen, denn mit nach der Verhaftung und Ablieferung im Gefängnis fängt die eigentliche Arbeit mit den Straftätern erst an. Da wird ihnen schnell klar, dass sich sexuelle Veranlagungen oder psychische Defekte nicht einfach abstellen lassen oder dass die Bewältigung eines straffreien und geregelten Alltages für viele Täter ein mühevoller Lernprozess ist.

Staunen können die Besucher, die an diesem Tag ihre Uniform nicht tragen, auch über den gewaltigen Durchlauf, den die Transportabteilung tagtäglich zu bewältigen hat, der minutiös abgestimmte Transport von Gefangenen quer durch die Republik mit diversen Zwischenstopps, Aus- und Umsteigestationen ist eine echte Herausforderung für jeden gestandenen Logistikfachmann.

In einer Lehrwerkstatt werden Inhaftierte besucht, die das Handwerk des Orthopädieschuhmachers erlernen. Bei erfolgreichem Abschluss vielleicht eine Möglichkeit, nicht mehr von einem Polizeiauto in der JVA Hannover gebracht zu werden.

Höchst informativ auch der Einblick, den der Sicherheitschef in seine Asservatenkammer gewährt: Ausbruchswerkzeug, hergestellt aus Haftraummobiliar oder phantasievolle Verstecke, in denen Drogen, Waffen oder Handys gefunden wurden.
Natürlich gibt es daneben auch ein umfassendes Infopaket, mit der Darstellung der Aufgaben und Organisation der JVA, vor allem aber auch direkten Erfahrungsaustausch und persönliche Gespräche mit den Kollegen des Vollzugsdienstes.

Auch die Klärung von Alltagsproblemen kommt nicht zu kurz:
Werden schwangere Frauen in der JVA aufgenommen?
Was passiert mit Drogenabhängigen, die offensichtlich im Entzug sind?
Fragen, die in Ruhe geklärt werden und für Verhaltenssicherheit sorgen...



Der "lange Gang"  
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